Nachrichten
Unsere Seite
FAQ
Opferliste
Verbannung
Dokumente
Unsere Arbeit
Suche
English  Ðóññêèé

Die Deutschen aus unserem Dorf

Gesamtrussischer Wettbewerb geschichtlicher Forschungsarbeiten von Schülern der höheren Klassenstufen „Der Mensch in der Geschichte . Russland – 20. Jahrhundert“
Forschungsarbeit in Referatform

Autor:
Aleksander Sokolow
Schüler der 11. Klasse an der Städtischen etatmäßigen allgemeinen Bildungseinrichtung
„Allgemeinbildende Oberschule Tschetscheul“
Region Krasnojarsk
Kansker Bezirk, Ortschaft Tschetscheul

Projektleiterin: Galina Josifowna Sokolowa,
Lehrerin für Geschichte

Tschetscheul, 2010

Themen-Übersicht

Einführung

Kapitel I. Etappen der Deportation der Deutschen
Kapitel II. Deportierte Deutsche aus unserem Dorf
2.1 Das Leben in der Heimat
2.2 Bedingungen der Deportation
2.3 Das Leben am neuen Wohnort
2.4 Das weitere Schicksal
Schlußbemerkung
Literatur- und Quellenmaterial
Anlagen

Einführung

Man möchte so gern alle namentlich nennen,
Aber sie haben die Listen weggenommen,
und nun kann man die Namen nirgends erfahren …
A. Achmatowa

Der Sowjetstaat zeigte sich nicht nur einzelnen Personen gegenüber grausam. Von 1937 bis 1944 wurden Deportationen ganzer Völker durchgeführt – mehr als ein Dutzend Nationalitäten.

Deportation (abgeleitet vom Lateinischen deportatio) bedeutet die Vertreibung, Ausweisung als kriminalrechtliche oder administrative Bestrafung [2].

Die Zwangsaussiedlung ganzer Völker während der Zeit des Großen Vaterländischen Krieges, die der Sabotage, Spionage und Zusammenarbeit mit den nazistischen Okkupanten verdächtigt und bezichtigt wurden, - stellt bislang noch einen der zahlreichen weißen Flecken der sowjetischen Geschichte dar, die von der Preisgabe in der Öffentlichkeit sorgfältig ferngehalten werden. Erst ab Ende der 1950er Jahre erkannten die Behörden den „Unfug“ und die „viel zu weitreichenden Verallgemeinerungen“ an, die seinerzeit beim Vorbringen der Massenanklagen stattgefunden hatten. In den 1960er Jahren wurde endlich die rechtliche Existenz einer gewissen Anzahl autonomer Republiken wiederhergestellt, die wegen ihrer angeblichen „Zusammenarbeit mit den Besatzern“ von den Landkarten einfach ausgelöscht worden waren. Erst 1972 erhielten Vertreter der deportierten Völker faktisch die Erlaubnis ihren Wohnort frei zu wählen. Die Krim-Tataren wurden erst 1989 vollständig rehabilitiert. Bis zur Mitte der 1960er Jahre wurden sämtliche Informationen über Sanktionen in Bezug auf die „bestraften Völker“ geheimgehalten; die Anordnungen, die den Ukasen des Jahres 1964 vorangingen, wurden niemals veröffentlicht. Man mußte darauf bis zur Deklaration des Obersten Sowjets vom 14. November 1989 warten, um zu erfahren, daß der sowjetische Staat endlich die kriminellen Ungesetzlichkeiten und barbarischen Aktionen“ anzuerkennen, „welche durch das stalinistische Regime im Hinblick auf die zwangsverschleppten Völker begangen wurden“ [3; 215].

Thema meiner Forschungsarbeit ist die Deportation von Staatsbürgern deutscher Nationalität. Meine Wahl hat sich auf sie konzentriert, weil dieses Thema das Schicksal von Nachbarn in meinem Dorf berührt, die vor Beginn und während des Großen Vaterländischen Krieges der Deportation ausgesetzt waren. Das war die erste ethnische Gruppe, die von der Zwangsausweisung betroffen war. Ein erneutes Durchdenken der Prozesse, die sich während der stalinistischen Repressionen ereigneten, ist aus heutiger Sicht aktuell, weil wir durch das Studium des Schicksals von Menschen, die jene schreckliche Zeit mitgemacht haben, einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Kenntnisse über die Geswchichte Rußlands in den 1930er bis 1950er Jahren beitragen. Zur Konkretisierung der Ereignisse, die sich während des stalinistischen Terrors zugetragen haben, benötigt man nicht nur Materialien aus der föderalen, sondern auch aus der regionalen Ebene, was aus heutiger Sicht nicht ausreichend ist. Zur Lösung dieses Problems ist ein noch weiterreichenderes, tiefgründigeres Studium der Ereignisse jener Jahre erforderlich. Man muß sich beeilen, denn die Zahl noch lebender Augenzeugen wird immer geringer. Das Thema ist heute auch für die internationale Erziehung der Jugendlichen, für die Formierung toleranter Verhaltensweisen wichtig.

Ziel:
sich mit Hilfe der Geschichte einzelner Menschen und ganzer Familien deutscher Nationalität aus unserem Dorf mit dem Prozeß der Deportation von Deutschen vertraut machen.

Aufgaben:
1. Suche nach Literatur, Dokumenten, Anordnungen der Sowjet_Regierung über den Beginn und geplanten Verlauf der Deportation von Deutschen sowie deren Analyse;
2. Festlegung und Befragung von Familien deutscher Nationalität, die Opfer der Deportation wurden; (Anlage 1).
3. Vorbereitung und Durchführung von Begegnungen mit deportierten Menschen deutscher Nationalität;
4. Analyse des gesammelten Materials; Schlußfolgerungen.

Thema – das Schicksal von Familien deutscher Nationalität aus unserem Dorf.

Gegenstand – das Verhalten der Behörden und der ortsansässigen Bevölkerung gegenüber den deportierten Deutschen

Hypothese – wir hegten die Vermutung, daß wir uns im Falle des Auffindens und der Analyse von Literatur, Dokumenten und Anordnungen der Sowjetregierung, des Sammelns von Materialien, der Vorbereitung und Durchführung von Begegnungen mit ehemals Deportierten und der Befragung von Deportiertenfamilien mit dem Schicksal der deportierten Deutschen anhand der Geschichte einiger Familien aus unserem Dorf vertraut machen könnten.

Methoden:
a) theroretische: Analyse von Dokumenten und Literatur zum Forschungsthema sowie ihre Systematisierung;
b) empirische: Interviews, Fragebogen.
Die wissenschaftliche Neuerung der Forschungsarbeit besteht darin, daß ich bei der hier vorliegenden Arbeit versucht habe, das Thema der Deportation von Deutschen am Beispiel von Schicksalen meiner Landsleute deutscher Nationalität zu betrachten

Kapitel 1 . Etappen der Deportation der Deutschen

Die Deutschen waren die erste ethnische Gruppe, die nach dem Beginn der deutschen Invasion kollektiv ausgesiedelt wurde. Ihre Massenansiedlung in Rußland setzte noch zur Zeit Peters I ein und erlebte einen besonders starken Anstieg unter Katherina II, die ebenfalls in Deutschland, in Hessen, geboren war und die im Jahre 1768 zhntausende deutscher Bauern- Kolonisten und Handwerker aufrief, ins russische Imperium zu kommen. Sie ließen sich in Wolhynien, in den Schwarzmeergebieten der Ukraine, auf der Krim und sogar im Kaukasus und an der Wolga nieder. Im Baltikum existierte eine einflußreiche deutsche Mehrheit, die sich im wesentlichen aus ortsansässigem Adel und Stadtoberhäuptern zusammensetzte, noch bis zur Angliederung dieser Territorien ans Russische Reich [4; 539].

Am 19. Dezember 1924 wurde innerhalb der RSFSR die Autonome Sowjetische Sozialistische Republik der Wolgadeutschen gegründet, die sich über eine Fläche von 28,8 tausend Quadratkilometer erstreckte und deren Hauptstadt Engels wurde. Am 28. August 1941 brachte das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR den Ukas über die Liquidierung der Republik der Wolgadeutschen heraus.

Nach glaubwürdigen Angaben, welche die Militärbehörden erhalten haben, gibt es unter der deutschen Bevölkerung …. in den Wolgagebieten… tausende und abertausende Saboteure und Spione, die, sobald sie das Signal aus Deutschland bekommen, in den Rayons, die von Wolgadeutschen besiedelt sind, Sprengungen durchführen sollen. Die deutsche Bevölkerung an der Wolga versteckt in ihren Reihen Feinde des Sowjetischen Volkes. Zur Vermeidung derart unerwünschter Erscheinungen und der Vereitelung ernsthaften Blutvergießens hält das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR es für unumgänglich, die gesamte deutsche Bevölkerung aus dem Wolgagebiet in andere Bezirke umzusiedeln. Den Umzusiedelnden wird Grund und Boden zugeteilt, und sie werden staatliche Hilfe erhalten, um sich in den neuen Wohngegenden einzurichten. Zur Besiedlung werden Ackerflächen in den Regionen Nowosibirsk und Omsk, im Altai-Gebiet, in Kasachstan und anderen benachbarten Gegenden zugewiesen.“ [1; 193].

An diesem Tag wurde der streng geheime Befehl des NKWD der UdSSR „Über Maßnahmen zur Durchführung der Operation zur Umsiedlung der Deutschen aus der Republik der Wolgadeutschen, aus den Gebieten Saratow und Stalingrad“ verabschiedet. Der Beschluß über die Liquidierung wurde angeblich nur aus humanen Beweggründen heraus diktiert – und aufgrund der aboluten Notwendigkeit einer strengen Einhaltung der Präventiv-Maßnahmen!

In den Zeitungen wurde der Ukas erst am 8. September veröffentlicht. Zu dem Zeitpunkt waren bereits hunderttausende Deutsche umgesiedelt worden. Am Vorabend der Bekanntmachung des Dokuments hatte man ihnen bereits verboten, ihren Wohnort zu verlassen. Zahlreiche leitende Mitarbeiter in der Autonomie wurden verhaftet, die Fernmeldeleitungen abgeschaltet. Die Bevölkerung sollte alles Vieh, alle Arbeitsgerätschaften und Getreidevorräte abgeben. Am 3. September begann man damit, die Menschen auf Waggons zu verladen. Zu der Zeit, als die Rote Armee an allen Fronten zurückwich und jeden Tag tausende Tote und Gefangenen zu beklagen hatte, stellte Berija für diese Operation 14000 Mann aus den Truppen des NKWD, unter der Leitung des stellvertretenden Volkskommissars des Inneren – General Iwan Serow – bereit, der bereits zur Zeit der „Säuberungen“ der baltischen Republiken Berühmtheit erlangt hatte. Wenn man die Umstände, besonders die beispiellose Niederlage der Roten Armee in diesem Zeitraum, berücksichtigt, so wurde die Aussiedlungsoperation sehr schnell und in äußerst organisierter Form bewerkstelligt [3; 216].

Um die Bevölkerung des Landes auf die Massenumsiedlung der Deutschen vorzubereiten, wurde in der Presse eine antideutsche Stimmung geschürt. Der Schriftsteller Ilja Ehrenburg verkündete beispielsweise in der „Prawda“, daß das russische Volk, indem es die Rußland-Deutschen auf den besten Ländereien angesiedelt hatte, die Schlange in die Höhle gelassen und sie gewärmt hätte“ [4; 539]. Um die Worte „beste Ländereien“ zu widerlegen, möchte ich die Meinung meines deutschen Landsmanns Alexander Jakowlewitsch Gelwich (Hellwich, Hellwig?) anführen: „ Nachdem wir die Erlaubnis dazu erhalten hatten, wollte ich nicht wieder an meinen ursprünglichen Wohnort an der Wolga zurückkehren, denn dort war das Leben schwieriger – es gab keinen Wald, häufig herrschte Dürre, und es gab Heuschreckenplagen.

Laut Volkszählung des Jahres 1939 lebten 1.427.000 Deutsche in der UdSSR. Die Wolgadeutschen zählten 370.000 Personen und machten annähernd ein Viertel der deutschen Bevölkerung Rußlands aus, welche in den Regionen Saratow, Stalingrad, Woronesch, Moskau, Leningrad, in der Ukraine (390.000 Personen), im Nord-Kaukasus (in den Bezirken Krasnodar, Ordschonikidse, Stawropol), auf der Krim und in Georgien lebten.

Vom 3. bis 20. September 1941 wurden 446.480 Deutsche mit 230 Zügen mit jeweils ungefähr 50 Waggons und etwa 2000 Mann pro Zug deportiert! Dadurc h, daß die Züge sich nur mit wenigen Stundenkilometern voranbewegten, benötigten sie zwischen vier und acht Wochen, bis sie endlich ihren Bestimmungsort erreicht hatten, und die Richtung, die sie einschlugen, führte in die Bezirke Omsk und Nowosibirsk, den Bezirk Barnaul, in den Süden Sibiriens, nach Krasnojarsk und Kasachstan. Wie es schon zuvor bei der Aussiedlung der Balten der Fall gewesen war, hatten die „umgesiedelten Personen“ laut offiziellen Instruktionen „eine festgelegte Frist zur Verfügung, um Lebensmittel für mindestens einen Monat zusammenzupacken“!

Während sich diese Haupt-Operation zur Aussiedlung der Deutschen entfaltete, nahmen gleichzeitig auch andere „zweitrangige“ Aktionen ihren Lauf, deren Anzahl unter den Bedingungen des Kriegszustands um ein Vielfaches zunahm.

Am 30. August erreichten die deutschen Truppen die Newa, indem sie die Eisenbahnlinien, die nach Leningrad führten von den restlichen Landesteilen abschnitten. Die Bedrohung einer vollständigen Umzingelung der Stadt wurde von Tag zu Tag größer, aber die zuständigen Organe faßten keinerlei Beschlüsse zur Evakuierung der Zivilbevölkerung Leningrads, keinerlei Maßnahmen zur Schaffung von Lebensmittel-Vorräten. Nichtsdestoweniger erteilt Berija am 30. August einen Befehl, nach dem die Ausweisung aller Personen deutscher Nationalität aus der Stadt unumgägnglich ist.

Tabelle 1
Etappen der Deportation von Menschen deutscher Nationalität

Zeitraum

Deportationsbezirk

Anzahl der Menschen

30. August 1941

Gebiet Leningrad

132 000 laut Plan,  11 000 tatsächlich

15. September 1941

Gebiet Moskau

9 640

21. September 1941

Tula

2 700

14. September 1941

Gorkij

3 162

10.-20. September 1941

Rostow

38 288

25. Sept. –10. Okt. 1941

Saporoschje

31 320

15. September 1941

Krasnodar

38 136

20. September 1941

Ordschonikidse

77 570

Oktober 1941

Georgien, Armenien, Aserbeidschan, Krim, Nord-Kaukasus

100 000

1942

_

314 830

Insgesamt

_

1 209 430

Deutsche in der UdSSR laut Volkszählung von 1939.

 

1 427 000

Die Tabelle wurde anhand von Daten aus dem „Schwarzbuch des Kommunismus“ von S. Curtois, N. Bert, Moskau, zusammengestellt: Drei Jahrhunderte Geschichte, 2001, S. 216-217.

Auf diese Weise wurden mehr als 82%der Deutschen, die sich im gesamten Territorium des Sowjetstaates niedergelassen hatten, zum selben Zeitpunkt zwangsverschleppt, obwohl die scheinbar katastrophale Lage, in der sich das Land befand, es eigentlich erforderlich gemacht hätte, alle Bemühungen der Soldatren und der Miliz auf den bewaffneten Kampf gegen den Feind zu richten und nicht auf die Verbannung tausender unschuldiger Sowjetbürger.

Die Zahl der verschleppten Bürger deutscher Herkunft ist noch viel bedeutsamer, wenn man seine Aufmerksamkeit auf die zehntausenden Soldaten und Offiziere deutschen Ursprungs lenkt, die auf Grundlage des Ukas N° 35105 vom 8. September 1941 des Hauptquartiers des Obersten Kommandierenden aus der Roten Armee gejagt und in Strafbataillone der „Arbeitsarmee“ nach Workuta, Kotlas, Kemerowo und Tscheljabinsk geschickt wurden. In dem Befehl ging es um die „Entfernung“ aller Kriegsdienstleistenden deutscher Nationalität aus der Roten Armee und deren Formierung zu Arbeitskolonnen mit Lager-Regime [3; 217].

Anna Solomonowna Scherf (Schudrjakowa) erinnerte sich, daß dies auch ihrem Onkel väterlicherseits widerfuhr. Vor dem Krieg war er in die Armee aufgenommen worden, diente dort, und wurde dann, als der Krieg begann, wegen seiner Zugehörigkeit zur deutschen Nationalität ins Lager geschickt.

Als 1939-1940 die Rote Armee die West-Ukraine, das Baltikum, Bessarabien und die Nördliche Bukowina einnahm, wurde es der dort lebenden deutschen Bevölkerung, nach der sowjetisch-deutschen Vereinbarung, erlaubt, ins Reich zu fahren. Diejenigen, denen dies nicht gelang, wurden nach dem 22. Juni 1941 in den Osten ausgesiedelt. Der Deportierung unterlagen alle Deutschen männlichen Geschlechts im Alter zwischen 16 und 60 Jahren. Als die deutschen Truppen diese Bezirke besetzten, befanden sich dort nicht mehr als 250.000 Deutsche von den etwa 600.000, die vor dem Kriege hier gelebt hatten. Auf der Krim gab es überhaupt keine mehr [4; 539].

Die überwiegende Mehrheit der Sowjetdeutschen wurde am Vorabend der deutsch-faschistischen Invasion in die UdSSR innerhalb kürzester Zeit aus den verschiedenen Regionen des Landes ausgesiedelt. Dafür wurden beachtliche Kräfte mobilisiert, die man eher für die Abwehr des feindlichen Angriffs hätte nutzen können.

Kapitel II. Deportierte Deutsche aus unserem Dorf

2.1. Das Leben in der Heimat

In unserem Dorf lebten, ungenauen Angaben zufolge, 26 deportierte Personen deutscher Nationalität. (Anhang 2).

Tabelle 2. Deportierte Deutsche aus unserem Dorf

Wohnort vor der Umsiedlung

Anzahl der Umsiedler

Nachnamen

ASSR der Wolgadeutschen: Dorf Graft, Dorf Neu-Moor, Stadt Engels, Stadt Balzer, Stadt Saratow, Ortschaft Pogranitschnoje

14 Pers.

Gaier, Hellwig, Germann, Gordt, Mitzich, Michel, Sabelfeld, Scherf, Zimmer

Leningrader Gebiet: Stadt Tosno

2 Pers.

Schef

Ukraine: Dorf Lisowki, Donezk-Gebiet

3 Pers.

Legin

Die Tabelle wurde nach Angaben des Schul-Heimatkundemuseums sowie nach den Erinnerungen und den Interviews deportierter Deutscher aus unserem Dorf zusammengestellt. Aus den in der Tabelle enthaltenen Informationen ersieht man, daß die Mehrheit der Deutschen aus der Republik der Wolgadeutschen deportiert wurde, aber es gibt auch eine Familie aus Leningrad (Anhang 3) und eine aus der Ukraine.

Woher die anderen deportierten Deutschen stammten wissen wir nicht; es konnten keine Schriftstücke gefunden werden, und es gibt auch keine Verwandten mehr im Dorf.

Wir weilen schon nicht mehr unter den Lebenden; es gelang mit den Leuten zu reden, die in den Jahren der Umsiedlung noch sehr jung oder sogar noch Kinder waren. Viele können sich an ihre Angehörigen, ihre Namen und Vatersnamen nicht mehr erinnern. Viele erlitten ein tragisches Schicksal.

Jekaterina (Katharina) Gottfriedowna Gaier (Karpowa), geboren 1911, (Anhang 4) erlebte das Leid noch vor dem Krieg. Wir erfuhren über ihr Schicksal von ihrer Tochter Leana, die die Erinnerungen ihrer Mutter aufgeschrieben hat. Katja war noch klein, als die „Roten“ ihren Vater erschossen, die ins Dorf gekommen waren, weil er Zeuge des Ereignisses gewesen war, wie die „Weißen“ in einem Eisloch die Kommissare ertränkt hatten. Für diesen Anblick wurden die Einwohner mit Waffengewalt verjagt. Die Mutter wurde kurz darauf krank und starb. Sie hinterließ acht Kinder. Erinnern konnte sie sich nur an den Namen Natascha – so hieß die jüngste der Schwestern, mit der sie zusammen ins Kinderheim kam. Mehrmals liefen sie von dort fort, bis Katja im Alter von 11 Jahren von einer wohlhabenden, kinderlosen Familie in Engels aufgenommen wurde, aber sie führten kein süßes Leben, sondern mußten hart arbeiten.

Die Adoptiveltern besaßen einen großen Garten – sie schleppte schwere Körbe mit Äpfeln, Eimer mit Wasser vom felsigen Ufer des Flusses, um die Pflanzen zu begießen, und auch uim Haus gab es für die Waise genug zu tun. Deswegen nannte Katja ihre Adoptivmutter auch „Tante“ und schwieg auch später vor ihren Kindern über deren Vor- und Nachnamen. Aber wie sehr freute sie sich, als sie im Alter von 16 Jahren aks Köchin an der Maschinen- und Traktoren-Station angenommen wurde. Alle rühmten sie wegen ihrer schmackhaften Mittagsmahlzeiten. Während der Hungerzeit kam Katja diese Arbeit sehr zugute; und sie half auch so gut sie konnte der Familie ihres leiblichen Onkels, die großen Hunger litt. Einmal ereignete sich ein nicht wieder gut zu machendes Unheil: Katja gab den Verwandten Mehl und einen Kanten Brot, woraufhin sie sich zuhause eine „Brotsuppe“ kochten und zuviel davon aßen; die Mägen vertrugen eine solche Überlastung nicht – die Leute starben.

Katja war ein sehr lebhaftes und aktives Mädchen; man wurde auf sie aufmerksam und schickte sie zum Lernen auf die sowjetische Parteischule. Nach deren Abschluß wählte man sie zur stellvertretenden Vorsitzenden des Gewerkschaftskomitees. Sie organisierte Abende, Versammlungen, half den Leuten im Alltag. Vor Kriegsausbruch teilten sie ihr ein Zimmer in einer Gemeinschaftswohnung zu. War das eine Freude! Jetzt konnte man leben – nichts als leben! Gerade begann das Leben der Menschen irgendwie wieder in Ordnung zu kommen – da brach der Krieg aus! Und dann kam der Befehl für die Umsiedlung. Man half den Frontsoldaten-Familien so gut es ging; die Abfahrt der Züge mit den Umsiedlern mußte organisiert werden. Wie Jekaterina Gottfriedowna sich erinnert, erlaubte man den Menschen ein wenig Essen und Wäsche zum Wechseln mitzunehmen. Man sagte ihnen, daß sie nicht alzu lange fortbleiben, sondern nach zwei-drei Monaten wieder zurückkehren würden. Es ist schon merkwürdig, aber niemand protestierte, es gab keine Demonstrationen, kein Geschrei. Schnell machten die Leute sich zur Abfahrt fertig, stiegen in die beheizbaren Waggons ein, und später auch in Güter- und Viehwaggons – und dann fuhren sie ins Ungewisse. Es war ein warmer Herbst, aber es war gruselig, durch die Straßen von Engels zu gehen. Die Fenster standen offen, die Vorhänge ringelten sich, die Hunde heulten, die Katzen liefen herum, miauten, die Kühe brüllten und die hungrigen Schweine quiekten [7].

Lydia Friedrichowna Legin (Wjatkina) konnte sich an den Vatersnamen ihrer Mutter Maria nicht mehr erinnern, denn sie war noch klein, als diese starb.

Ganz klein waren damals auch noch Anna Scherf, Alexander Hellwig, Irma und Wladimir Sabelfeld und Irma Germann (Herrmann?). Sie alle wissen aber noch ganz gut, daß jede Familie im Wolgagebiet ihr eigenes Haus und eine Hofwirtschaft besaß; hier wurden sie geboren, (Anhang 5), aber dann wurden sie gezwungen, zusammen mit ihren Eltern ihren festen Wohnsitz zu verlassen und praktisch ins Unbekannte abzufahren und alles, was sie sich im Laufe der Zeit angeschafft hatten, zurückzulassen.

Bedingungen der Deportation

Die Deportationen erfolgten nach einem einheitlichen Plan. Als erstes fanden sich vorort Truppen ein. Der Poet D. Kugultinow erzählte von den Ereignissen in seiner Heimat: „Zuerst quartierten sie in allen Ortschaften militärische Einheiten ein; es hieß, sie wären zur Erholung dorthin gekommen. Aber die Menschen begriffen: etwas Schreckliches wird geschehen. Die Soldaten flüsterten ihnen heimlich zu: man wird euch fortschicken, macht euch bereit. Die Menschen wußten nicht, ob sie das glauben sollten oder nicht. Zum Packen gab man ihnen nicht mehr als 20 Minuten Zeit, damit sie den größten Teil ihres Besitzes zurückließen. Wenn in den auszusiedelnden Familien einer der Eheleute einer anderen Nationalität angehörte, die nicht der Deportation unterlag, konnte derjenige zu Hause bleiben, aber alle Kinder mit „Mischblut“ mußten mit in die Verbannung gehen [4; 540].

Diejenigen, die zuerst ausgesiedelt wurden, und das waren die Bewohner großer Bahnhöfe und Städte, schafften es noch nicht einmal, sich für die lange Reise einen Essensvorrat mitzunehmen. Man nahm ihnen fast alle Sachen fort, zwang sie das Vieh, Werkzeug, Nahrungsmittel und ihre Häuser in das Eigentum des Staates zu übergeben. Man erlaubte ihnen lediglich, ein paar leichte Sachen mitzunehmen, die man auf den Armen tragen konnte, und persönliche Papiere. Dann wurden alle einfach auf Fuhrwerke verladen, zum Bahnhof gebracht und von dort mit Zügen nach Sibirien und Kasachstan abtransportiert.

Von unseren heutigen Landsleuten machten sich Anfang September 1941 als erste die Familien Sabelfeld. Germann (Hermann?) und Zimmer aus der Stadt Engels und Rapfael Gottliebowitsch Mitzich, geboren 1905, auf den Weg. Über letztgenannten haben wir keine weiteren Informationen, aber im Bestand des Schulmuseums befindet sich sein Arbeitsbuch. Aus den darin vermerkten Angaben wurde klar, daß er der Leiter der agrotechnischen Abteilung der Saratower Verwaltung des Volkskommissariats für Grund und Boden war. Er wurde auf Grundlage des Ukas über die Aussiedlung der Wolgadeutschen von seinem Arbeitsplatz entlassen (Anhang 6).

Obwohl Jekaterina Gottfriedowna Gaier in Engels wohnte, fuhr sie mit einem der letzten Züge, denn sie half pflichtgemäß bei der Organisation der Umsiedlung, und deswegen konnte sie sich auch auf die beschwerliche und lange Reise besser vorbereiten: sie trocknete einen ganzen Sack voll Brot zu Zwieback, buk Brötchen, bereitete Speck vor. Sie erinnert sich, daß in den verlassenen Häusern Flüchtlinge aus der Ukraiune und Weißrußland untergebracht wurden. [7].

Aus den entlegenen Dörfern und Ortschaften wurden die Menschen erst später umgesiedelt.

Alexander Jakowlewitsch Hellwig und Anna Solomonowna Scherf stammen beide aus demselben Dorf, aus Neu-Moor im Gebiet Saratow (Anhang 7). Sie erinnern sich, daß dort etwa 100 Häuser standen. Anna Solomonowna sagt, daß sich das Haus ihrer Familie von den anderen besonders unterschied: es war aus Stein gebaut – aus mit Stroh vermischten Lehmziegeln, geweißt und eingezäunt. Sie hatten eine Kuh, 12 Schafe, 2 Schweine. Und das alles mußte an den Staat abgegeben werden. Alexander Jakowlewitsch merkt an, daß in den Jahren des Krieges jeder Hof eine bestimmte Menge Lebensmitztel abgeben mußte, unabhängig davon, ob man im Besitze einer Hofwirtschaft war oder nicht. Er erzählt, daß sie das Vieh an den Staat abgaben und man ihnen dabei versprach, ihnen am neuen Wohnort Geld dafür auszuzahlen, aber das taten sie nicht. Da das Dorf sich vom Zentrum sehr weit entfernt befand, erfuhren die Leute von der Umsiedlung früher als die Obrigkeit und hatten so mehr Gelegemheit sich vorzubereiten. Pro Familie erlaubten sie Gepäck mit einem Gewicht von bis zu einer Tonne mitzunehmen. Sie konnten auch einige Werkzeuge einpacken: Sägen, Äxte. Am 15. September kamen Fuhrwerke angefahren und es wurde sogleich das gesamte Dorf darauf verladen. Bis zur Anlegestelle waren es 50 Kilometer. Die Erwachsenen gingen zufuß, während Kinder und Gepäck auf den Fuhrwerken beförert wurden. Drei Tage und Nächte verbrachten sie an der Anlegestelle unter freiem Himmel. Dann kam eine Lastkahn, und die Umsiedler wurden nach Saratow verfrachtet. Hier verlud man sie auf Viehwaggons mit Holzpritschen und schickte sie nach Sibirien. Sie waren lange unterwegs, fuhren durch Kasachstan. Jede Familie hatte sich selber mit den notwendigen Lebensmitteln bevorratet. Nur an wenigen Bahnhöfen wurde heißes Wasser an die Umsiedler ausgeteilt [6].

Die Familie Legin wurde aus dem Dorf Lisowka im Donez-Gebiet (damals Stalinsker Gebiet) umgesiedelt (Anhang 8). Wie Lydia Friedrichowna sich erinnert, machten sie sich etwa Ende September auf den Weg. Fuhrwerke wurden zu den einzelnen Häusern geschickt, die Bewohner aufgeladen. Junge Burschen wurden gesondert abtransportiert – man hatte Angst, daß sie über die Grenze gehen würden. Am Bahnhof mußten sie in Viehwaggons einsteigen.

Es herrschten ziemlich schwierige Bedingungen. In den Waggons war es sehr eng und stickig, einige Leute wurden krank und starben, andere, welche die furchtbaren Erschwernisse der Reise und all das Durchgemachte nicht ertragen konnten, verloren den Verstand. So geschah es auch mit Lydia Friedrichownas Mutter. Ihr Organismus wurde mit den tiefen seelischen Erschütterungen, die sie durchleben mußte, nicht fertig. Ihren Sohn Iwan holten sie zur Arbeitsarmee nach Swerdlowsk, später verlegten sie ihn an einen anderen Ort. Irgendwann tauchte er in der Ortschaft Braschnij, Kansker Bezirk, Region Krasnojarsk, auf, wo er Holz abflößen mußte; auch ihren Ehemann holten sie fort, ohne Auskunft darüber zu geben, wohin sie ihn brächten. Und als sie dann selber losfuhr, um herauszufinden, was los war, da steckte man sie für eine Woche ins Gefängnis, ließ sie danach jedoch frei. Nach all diesen schrecklichen Erlebnissen schickte man dann auch sie, zusammen mit ihren beiden Töchtern, fort, ohen zu sagen wohin und ohne einen Grund dafür zu nennen. Erst 1993 erhielt Lydia Friedrichowna aus der Ukraine eine Antwort auf ihr Anfrage nach dem Schicksal ihres Ehemannes. Er hatte in einer Fabrik gearbeitet und war als „Schädling“ erschossen worden. 1960 wurde er posthum rehabilitiert. (Anhang 9), [5].

Auf diese Weise wurde die Deportation, nach den Erinnerungen meiner Dorfnachbarn, überall sehr schnell und nach einem einheitlichen Plan durchgeführt. Ganze Dörfer wurden auf Fuhrwerke verladen und ins Ungewisse abtransportiert; die Menschen verloren praktisch ihren gesamten Besitz. Und auch die Fahrt fand unter schwierigsten Verhältnissen statt.

2.3. Das Leben am neuen Wohnort

Und wieviele Verschleppte starben während des Transports? Es gibt kein allgemeines, uns heute zugängliches Dokument, in dem die einzelnen Angaben zu den jeweiligen Zügen vereint wären: unter den Bedingungen des Krieges und der außergewöhnlichen Grausamkeit jener Zeit, war es nicht möglich auf solche Dinge zu achten und sich darum zu kümmern. Aber wieviele Züge trafen in dem Chaos, in den Wirren des Herbstes 1941 an ihren Bestimmungsorten überhaupt nicht ein?

Tabelle 3

Ankubft der Umsiedler am neuen Wohnort

Bezirk, in dem die Züge eintrafen

Anzahl der eingetroffenen Menschen

 

„laut Plan“.

tatsächlich

Karaganda

29 600

8 304

Nowosibirsk

130 999

116 612

Altai

11 000

94 799

Die Tabelle wurde anhand von Angaben aus dem Schwarzbuch des Kommunismus, Moskau, 2001, von S. Courtois u.a.zusammengestellt – S. 217

Wo sind die anderen geblieben? Sind sie unterwegs umgekommen? Sind sie an einen ganz anderen Ort verschickt worden?

Aus den Tabellenangaben ist ersichtlich, daß im Altai-Gebiet viel mehr Menschen eintrafen, als man dort erwartet hatte.

Da die Tätigkeiten des NKWD einer strikten Geheimhaltung unterlagen, erhielten die örtlichen Behörden erst im allerletzten Moment Informationen über die Ankunft von zehntausenden Verbannten. Es waren überhaupt keine Wohnmöglichkeiten für sie vorgesehen, man brachte sie einfach unter, wo gerade irgendein Plätzchen frei war – in einem Stall, unter freiem Himmel – und dabei stand der Wintereinbruch doch schon unmittelbar bevor. Nach wenigen Monaten waren die meisten Verschleppten untergebracht, man hatte ihnen eine Arbeit zugeteilt, eine äußerst kümmerliche und unregelmäßige Versorgung war angelaufen, und bei der NKWD-Kommandantur war vermerkt, daß sie alle zu einer Kolchose, Sowchose oder einem Industrieunternehmen gehörten [3; 217].

Nach der Ankunft an ihrem neuen Wohnort mußten alle Deutschen mit ihrem Leben wieder ganz von Null anfangen, umgeben von lauter unbekannten Leuten. Aber ihre Lebensbedingungen gestalteten sich ganz unterschiedlich. In Kasachstan, wohin die Familie Legin verbannt wurde, waren sie besipeilsweise unerträglich: dort wurden sie in einer Scheune untergebracht, in der ständig das Wasser gefror und sie sehr häufig den kleinen Ofen beheizen mußten, um selber nicht zu erfrieren. Sie heizten mit Mist und Schilfrohr, denn in jener Gegend gab es weder Holz noch Kohle. Sie schliefen direkt auf dem Fußboden, auf Stroh. In solchen Verhältnissen lebten viele Deutsche. Alle hatten es sehr schwer, viele erfroren oder verhungerten. Aber am schlimmsten war es, daß die Ortsansässigern gegenüber den Bürgern deutscher Nationalität feindsinnig gestimmt waren; sie haßten die Deutschen, wie Lydia Friedrichowna berichtet, versuchten sie auf jedwede Art zu beleidigen und zu kränken. Ständig riefen sie ihnen das Wort „Faschist“ hinterher. Die Dorfbewohner wollten noch nicht einmal die Stellen betreten, an denen eben erst Deutsche vorübergegangen waren. Und einmal spuckte ein Kasache ihr sogar mitten ins Gesicht. Einmal im Monat mußten sie sich bei der Kommandantur melden und registrieren lassen, die sich vier Kilometer von der Sowchose entfernt befand.

Diejenigen, die überlebten, gewöhnten sich nach und nach ein, fanden einen Arbeitsplatz. Lydia begann als Kälberhirtin (im Alter von 12 Jahren) zu arbeiten, und ihre Schwester Margarita fand eine Tätigkeit als Melkerin in der Akkulsker Sowchose, Gebiet Pawlodar (Anhang 10). Die Arbeit war nicht gerade leicht, aber sie fand sich immer besser damit zurecht. Im Sommer verdiente Lydia sich noch etwas nebenbei – sie hütete Schafe. Schwester Margarita ersetzteihr praktisch die Mutter, als diese 1942 starb, weil sie das harte Schicksal nicht länger ertragen konnte.

Auch im Altai-Gebiet begegnete man den Neuankömmlingen mit Ablehnung. Nach Jekaterina Gaiers Erinnerungen haßten die Ortsbewohner die Deutschen ebenfalls und stießen viele Beleidigungen gegen sie aus. In der ersten Zeit mußten die Umsiedler in den Häusern der Kolchosbauern im Windfang Zuflucht nehmen. Auf der einen Seite lebten die Frauen (auf Heu), auf der anderen Seite die Kühe und Schweine. Diese Tatsache zeugt davon, daß die Behörden sich nicht sonderlich um die Menschen kümmerten, als es galt, sie nach ihrer Umsiedlung unterzubringen. Ähnlich war es auch zum die Arbeit bestellt. Den Deutschen wurden die körperlich schwersten Tätigkeiten aufgebürdet, ohne sie groß zu fragen, ob ihnen das recht war oder nicht. So geschah es auch mit Jekaterina Gottfriedowna. Sie hatte entsetzliche Angst vor Traktoren; trotzdem zwang man sie, auf einem Traktor zu arbeiten. Sie führten sie zu dem Gefährt, zeigten ihr, wo man ziehen mußte, um ihn in Gang zu setzen und dann – fahr los und arbeite schön! Und wenn sie mit irgendetwas nicht klar kam, dann schrie man sie an und schimpfte heftig mit ihr. Auch die Obrigkeit mochte die Deutschen nicht und versuchte bei jeder beliebigen Gelegenheit sie bloßzustellen. Bei Katja ereignete sich ein Vorfall, während sie als Wächterin auf der Farm tätig war; nachdem ihre Schicht schon zuende war, ging eine Kuh ein, und man gab ihr die Schuld daran, wollte sie sogar wegen Schädlingstätigkeit ins Gefängnis sperren. Aber Jekaterina erriet die böse Absicht und unterschrieb kein einziges Dokument, denn sie verstand nur wenig Russisch.

Bald darauf erging der Befehl, alle unverheirateten Mädchen in die Trudarmee, nach Kansk, Region Krasnojarsk, zu mobilisieren. Katja freute sich riesig. Man erlaubte ihr, zweimal Wäsche zum Wechseln sowie Winterkleidung mitzunehmen. Nachdem die Umsiedler in Kansk eingetroffen waren, wurden sie in einem alten Gemüselager untergebracht – in dem Bezirk, in dem sich auch das Flößerei-Kontor befand. Sie nahm eine Arbeit beim Holzzuschnitt in einer Fabrik für Eisenbahnschwellen auf. Es war eine schwere Tätigkeit, sie hatte Hunger, es war kalt und naß, aber irgendwie kam sie mit allem zurecht. Sie erfüllte die vorgegebene Arbneitsnorm, was in ihrem Arbeitsbuch der Trudarmee bestätigt wird, welches ihre Tochter sorgfältig aufbewahrt hat (Anhang 11). Sie magerte so stark ab, daß sie sich schließlich aus einem Rock zwei nähen konnte. Etwas später schickte man eine Gruppe Mädchen zur Holzbeschaffung ins Dorf Solomatka im Bezirk Irbej. Wachsoldaten geleiteten sie zur Arbeit in den Wald. Das Bäumefällen war eine sehr schwere Arbeit, auch das Abhacken der Äste und Fortziehen der vielen Zweige. Es war schrecklich kalt, sie hatten nicht genug zu essen und trugen schäbige und ungeeignete Kleidung. Am Lagerfeuer erwärmten sie sich. Und auch die Wachsoldaten wechselten ständig. Manche trieben unverhohlenen ihren Hohn und Spott mit den Menschen. Einmal nutzte einer von ihnen die Erholungspause, um Katja Gewalt anzutun. Sie wurde schwanger, und da man zu der damaligen Zeit für einen Schwangerschaftsabbruch eingesperrt wurde, mußte sie das Kind zur Welt bringen und viel Schmach und Schande erleiden; allerdings fand die Geburt dann bereits in der fünften Außenstelle der Sowchose statt, wohin Frauen mit Kindern sowie Kranke verlegt wurden. Für sie wurden Baracken zugeteilt, in denen man Pritschen aufstellte. In unmittelbarer Nähe befand sich das KrasLag. Das war eines von 15 Lagern in unserer Region. Um irgendetwas essen zu können, schleusten die Frauen, die auf der Tenne arbeiteten, zwischen Brust und Kleidung Erbsen und Weizen in die Baracke ein. Das wurde in aller Heimlichkeit gemacht, damit es von niemandem bemerkt wurde. Und nachts, wenn die Wachen fortgegangen waren, brieten sie das Getreide auf den eisernen Öfen und aßen alle davon.

Anfangs war Jekaterina (Kathatina) Gottfriedowna Brigadefüherin (ihre Brigade war die beste), aber dann wurde sie zur Kommandantin aller Baracken eingesetzt. Viele Frauen strickten sich an den Abenden Strümpfe, Söckchen, Schals und Jacken (in der Lageraußenstelle gab es einen Schafstall), hier ein Büschel, da ein Büschel – und das reichte für ein paar Socken. In der Baracke war es dunkel. Als Beleuchtung dienten Talglichter und Späne, bei deren Verbrennung eine Menge Ruß, Gestank und Qualm entstand. Viele begannen deswegen zu husten und bekamen Augenprobleme. Aber Kommandantin Katja besprach sich mit den Gefangenen, und dann bastelten sie sich kleine Lampen, wofür man ihr lange Zeit sehr dankbar war.

Nach einiger Zeit lernte Jekaterina Pjotr Dmitrijewitsch Karpow kennen, auf den sie ein Auge geworfen hatte. Bald darauf holte er sie zu sich in die Imkerei, wo Tochter Leana geboren wurde. Dort wurde das Leben für sie sofort leichter. Sie hatten praktisch alles: ihr eigenes Haus, eine kleine Hofwirtschaft, einen Gemüsegarten , Kinder (Anhang 12). Aber natürlich mußten sie sich dafür auch sehr abmühen, was Jekaterina auch immer sehr gewissenhaft tat [7].

Die Sibirjaken nahmen die Umsiedler nicht schlecht auf; sie brachten ihnen Verständnis entgegen, zeigten sich stets als gerechte, großherzige, mitfühlende und barmherzige Menschen. Sie sprachen niemals Beleidigungen gegenüber den Umsiedlern aus, denn sie wußten nur zu gut, daß diese schon genug unter den Launen der Behörden zu leiden hatten. Die Familie von Anna Solomonowna Scherf (Anhang 13) geriet Mitte Oktober in den Ilansker Bezirk, ins Dorf Kutscherdajewka. Dort teilte man ihnen ein Haus zu, in der zunächst drei Familien lebten. Bei ihrer Ankunft bestand die Familie aus vier Personen – der Mutter und drei Kindern; Anna war ddas älteste. Den Vater holten sie, neun Kilometer vom Dorf entfernt, in die Arbeitsarmee, aber es gab keine Möglichkeit ihn zu sehen; nur ein einziges Mal ging die Mutter zufuß dorthin. Anna mußte ab ihren 11. Lebensjahr arbeiten; sie baute ab 1942 in der Kolchose Tabak für die Front an. Die Bedingungen waren sher schwer, die Felder befanden sich fünf Kilometer vom Dorf entfernt, und jeden Tag mußten sie zufuß dorthin gehen. Gearbeitet wurde gegen Anrechnung von Tagesarbeitseinheiten, aber sie übten sich in Geduld, denn sie wußten – wenn du leben willst, dann mußt du ordentlich und gewissenhaft arbeiten.

(Anhang 14). Die Familie Scherf und andere Umsiedler verdienten sich mit Nähen und Stricken noch etwas hinzu, denn viele deutsche Frauen waren großartige Könnerinnen im Handarbeiten. Ihre fertigen Stücke tauschten sie gegen Lebensmittel und verschiedene Waren ein. Jeder lebte so gut er konnte. Die Umsiedler mußten sich einmal im Monat melden und registrieren lassen, mitunter kam auch einmal in zwei Monaten ein Kontrolleur von der Kommandantur, die sich anfangs in Ilansk befand, später in Juschno-Aleksandrowka [10].

Die Familie Hellwig kam in das Dorf Bytschkowka im Ilansker Bezirk. Die Ortsansässigen verhielten sich ihnen gegenüber gut, niemand stieß Beleidigungen gegen sie aus. Sie sollten eigentlich in den Norden der Region geschickt werden, aber die Schifffahrt war im Oktober bereits eingestellt worden, und so lebten sie sich in Bytschkowka ein. Der Vater befand sich in der Trudarmee im Gebiet Swerdlowsk. Dort bauten sie die Boguslawsker Aluminiumfabrik. Bei ihrer Ankunft wurden die Umsiedler auf bereits dort lebende Familien verteilt, aber später stellte man ihnen auch ein Haus zur Verfügung, in dem schon zwei Familien wohnten. Alexander begann im Alter von 12 Jahren in der Maschinen- und Traktorenstation zu arbeiten. Er transportierte auf Pferden Kraftstoff für die Traktoren; später erlernte er den Beruf eines Traktoristen. Sie vertrauten Sascha, denn er beförderte den Kraftstoff ganz allein, ohne Wachsoldaten. Aber die Begleitpapiere waren auf einen gewissen Iwanow ausgestellt. Die Arbeit war nicht leicht; es kam vor, daß sich ein Arbeitstag bis 11 Uhr nachts hinzug. Die Gefangenen unterzeichneten ein Schriftstück, in dem geschrieben stand, daß sie im Falle einer Verletzung der Lagerordnung mit 25 Jahren Gefängnis bestraft würden. Sich weit vom Dorf entfernen war unmöglich, man kam höchstens bis nach Ilansk; sich in einen anderen Bezirk begeben war kategorisch verboten [6].

Die Familie Sabelfeld (Anhang 15) wurde zunächst nach Bolschaja Urja im Bezirk Kansk gebracht, dann aber gezwungen, sich in Stepnjaki (zu der damaligen Zeit die 3. Abteilung der Kansker Getreidesowchose) niederzulassen. Nach Stepnjaki geriet auch die Familie German (Hermann) – (Anhang 16 ). Sie wurden in Baracken mit 6-7 Wohnungen untergebracht. Jede Familie hatte ihren Eingang. Jeder beschaffte sich Verpflegung so gut er es vermochte. Sie arbeiteten auf den Feldern, als Waggon-Ankupplerinnen oder bei der Holzbeschaffung [8], [9].

Das Schicksal der deportierten Deutschen fügte sich auf ganz unterschiedliche Weise zusammen; jeder hatte seine Schwierigkeiten, die Behörden kümmerten sich nicht um die Lebensbedingungen, die Bewohner Kasachstans und des Altai-Gebiets begegneten den Umsiedlern mit Haß, aber in Sibirien mit Verständnis.

2.4. Das weitere Schicksal

Im weiteren Verlauf gestaltete sich bei jedem die eigene Fügung des Schicksals. Aber gerade das Schicksal war es, das sie alle in unserem Dorf zusammenführte.

Die Familie Germann (Hermann) zog 1947 in unser Dorf um, nachdem man ihnen dazu die Erlaubnis gegeben hatte.

Im Jahre 1969 erteilte man der Tochter von Jekaterina (Katharina) Gottfriedowna Gaier (Karpowa), nach der Liquidation des KrasLag und der Schließung der Außenstelle N° 5 der Sowchose „Sieger“ die Reisegenehmigung nach Tschetscheul, wohin sie dann auch mit ihr gemeinsam umzog; sie war zwar bereits in Rente, arbeitete aber noch einige Zeit weiter.

2001 starb sie und hinterließ ihre beiden Töchter, die zu erziehen es ihr in würdevoller Weise gelungen war. Sie machte aus ihnen fleißige und gutherzige Menschen.

Lydia Friedrichowna Wjatkina kam im Jahre 1956 in unser Dorf. Ihr leiblicher Bruder Iwan holte sie zu sich. Sie arbeitete bis 1985 als Geflügelwärterin und ging anschließend in Rente. Sie war Aktivistin, Komsomolzin, Bestarbeiterin der Produktion. Mehrfach wurde sie mit Ehrenurkunden und Diplomen ausgezeichnet (Anhang 17). 1973 erhielt sie aufgrund ihrer gewissenhaften Arbeit den Orden des Roten Arbeitsbanners verliehen (Anlage 18). Sie zog einen Sohn groß. Auch ihr Bruder Iwan war Bestarbeiter (Anhang 19).

Einen interessanten Verlauf nahm das Schicksal bei Anna Solomonowna Scherf. 1954 erlaubte man ihr, in unsere Ortschaft umzuziehen. Hierher kam sie mit ihrer Familie im Mai. 1960 fing sie an in der Fabrik zu arbeiten, später wurden ein Kindergarten und eine Krippe eröffnet, und sie bekam dort eine Arbeit als Erzieherin. Zwei Jahre arbeitete sie auch in einer Schneiderwerkstatt (als Leiterin) und 13 Jahre im Krankenhaus (das sich damals im alten Gebäude des Gemeinschaftswohnheims befand). 1985 ging sie in Rente. Ihr gesamtes Arbeitsleben umfaßt 35 Jahre. Anna Solomonowna hat nicht nur ihr Leben lang gewissenhafte Arbeit geleistet, sondern auch aktiv an verschiedenen Wettbewerben teilgenommen. Sie ist im ganzen Dorf für ihre schönen Handarbeiten bekannt. Ihre eigenhändig angefertigten Arbeiten nahmen nicht nur im Bezirk und in der Region den ersten Platz ein, sondern innerhalb der gesamten Sowjetunion. Sie ist im Besitz zahlreicher Ehrenurkunden und Diplome (Anhang 20). Aktive nahm Anna Solomonowna auch an künstlerischen Laiengruppen teil. So sang sie im Ensemble „Kalinuschka“, das ebenfalls mehrmals Sieger bei verschiedenen Wettbewerben war (Anhang 21). Sie hat vier Kinder großgezogen: drei Söhne und eine Tochter.

Alexander Jakowlewitsch Gelwich (Hellwig/Hellwich) lebt seit 1958 in unserer Ortschaft. Er zog wegen seiner Kinder hierher, da es im Dorf Bytschkowka keine Schule gab. Er hat zwei Töchter großgezogen. Bis 1990 hat er in der Sowchose als Traktorist gearbeitet. Ausgezeichnet wurde er mit dem Orden des Roten Arbeiterbanners, der Medaille „Für hervorragende Arbeitsleistungen zu Ehren des 100. Jahrestages der Geburt Wladimir Iljitsch Lenins (Anhang 22).

Gewissenhaft gearbeitet hat auch Reinhold Jemeljanopwitsch (Emil) Zimmer. Mehrfach wurde er mit Urkunden für seine hervorragende Arbeit ausgezeichnet (Anhang 23).

All diese Menschen vereint das gemeinsam ertragene Leid, das gemeinsame Schicksal. Duch ihre Arbeit, ihre aktive Teilnahme am Leben des Landes haben sie bewiesen, daß die Deutschen genau solche Menschen sind, wie Menschen anderer Nationalitäten, und nicht irgendwelche Diversanten, die alle möglichen Terrorakte planen. Weder damals noch in den seit der Zeit vergangenen Mehr als 60 Jahren wurden irgendwelche Dokumente enthüllt, die beweisen könnten, daß die Deutschen von der Wolga oder aus anderen Bezirken der UdSSR mit der deutschen Aufklärung in Beziehung gestanden hätten.

Nach Stalins Tod mißbilligte der Staat seine Politik in Bezug auf die Sowjet-Deutschen. Im Ukas vom 29. August 1958 steht: „ … Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die deutsche Bevölkerung inzwischen an ihren neuen Wohnorten fest verwurzelt ist …. und die Bezirke, in denen sie früher ansässig waren, neu besiedelt wurden, ….. den Unionsministerien den Befehl zu erteilen, der deutschen Bevölkerung auch zukünftig …. bei der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung Unterstützung zu gewähren“.

Im Ukas des Präsidiums des Obersten Sowjets „Über die Umsiedlung der Deutschen“ ….“ vom 28. August 1968 heißt es: „Die Deutschen wurden beschuldigt, den faschistischen Eindringlingen Hilfestellung gegeben und an ihren Aktionen mitgewirkt zu haben. Das Leben hat jedoch gezeigt, daß die Beschuldigungen nicht stichhaltig und völlig grundlos waren und nur als eine Erscheinung der Willkür unter den Bedingungen des Stalinschen Personenkults gewertet werden können. Tatsächlich hat in den Jahren des Großen Vaterländischen Krieges die überwiegende Mehrheit der deutschen Bevölkerug, gemeinsam mit dem ganzen sowjetischen Volk, durch ihre Arbeit den Sieg der Sowjetunion über das faschistische Deutschland vorangetrieben….“.

Der Staat erkannte die heldenmütige Arbeit der Sowjetdeutschen an – das beweist der Fakt, daß viele von ihnen mit Medaillen „Für glänzende Arbeitsleistungen in den Jahren des Großen Vaterländischen Krieges 1941-1945“. (Anhang 24). Gemeint sind damit Jekaterina Gottfriedowna Gaier, Alexander Jakowlewitsch Hellwig, Margarita Friedrichowna Legin, Anna Solomonowna Scherf un andere.

1964 wurden die Deutschen rehabilitiert (Anhang 25).

Mich erstaunt und verzückt der Tatbestand, daß sie nach all den schlimmen Erfahrungen und Schicksalsschlägen nicht in Zorn auf ihre Umgebung geraten sind, keinerlei kriminellen Handlungen begangen, sondern vielmehr ihren Mitbewohnern im Dorf ein Beispiel dafür gegeben haben, wie man sich in jeder beliebigen Situation bemühen und ein Mensch bleiben muß.

Schlußbemerkung

In meiner Arbeit habe ich vom Prozeß der Deportationen von Menschen deutscher Nationalität am Beispiel der Schicksale derportierter Deutscher, die in unserem Dorf gelebt haben, erzählt. Ich wollte auf diese Weise die Haltung des Staates gegenüber den Menschen deutscher Nationalität am Vorabend und zu Beginn des Großen Vaterländischen Krieges sowie das Verhalten der Ortsansässigen nach der Deportation aufzeigen. Beschuldigungen und Anklagen sind nicht immer gerecht, und darunter leidet mitunter nicht nur eine konkrete Person, sondern auch seine Angehörigen und Verwandten. In der Angst vor einem negativen Verhalten gegenüber ihren Kindern erlaubten manche deutschen Väter ihren Kindern den Nachnamen der Mutter anzunehmen, wie z.B. Zimmer und Sabelfeld. Aus Iwan Legin wurde Ligin. Bei der Neuausstellung des Ausweises irrte sich die Sachbearbeiterin und schrieb versehentlich einen Buchstaben falsch; und er bestand nicht darauf , das wieder abändern zu lassen.

Nach all den Schicksalserprobungen, erlogenen Beschuldigungen und Kränkungen seitens der Umgebung ist es sehr schwer ein Mensch zu bleiben. Man muß schon sehr stark sein und ein wahrlich liebendes Herz besitzen, das in der Lage ist zu verstehen und zu vergeben. Meine Dorfnachbarn haben all die Widrigkeiten des Schicksals ausgehalten, sind nicht in Wut über ihre Umwelt geraten und haben keinerlei kriminelle Taten begangen.

Ich bin überzeugt, daß mein Referat nicht nur dem Schulmuseum Nutzen bringen wird, sondern auch allen Schülern und Lehrern; schließlich stellt es eine gute Ergänzung zu dem Material dar, was uns schon über die Repressionen vorliegt. Denn im Verlauf der Forschungsarbeit eröffneten sich neue Fakten, über die kaum jemand etwas weiß, aber die man gern wissen würde. Und ich bin der Meinung, daß ich mit den mir selbst gestellten Aufgaben gut zurecht gekommen bin.

Literatur- und Quellenangaben

1. Ukas des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR „Über die Umsiedlung der in den Wolga-Rayons lebenden Deutschen“ vom 28. August 1941. // Banner, 1988, N° 11, S. 193
2. L.P. Krysow. Erklärendes Wörterbuch der russischen Sprache
3. S. Courtois, N. Wert. Schwarzbuch des Kommunismus, Moskau: Drei Jahrhunderte Geswchichte, 2001, S. 215-217
B. Sokolow. Die Umsiedlung von Völkern. // Enzyklopädie für Kinder, Bd. 5, Teil 3, 20. Jahrhundert, Moskau, Awanta +, 1999, S. 539-541, 543-544.
5. Erinnerungen von Lydia Friedrichowna Wjatkina (Legin)
6. Erinnerungen von Alexander Jakowlewitsch Hellwich
7. Erinnerungen von Jekateria (Katharina) Gottfriedowna Karpowa (Gaier)
8. Erinnerungen von Irma Wladimirowna Sabelfeld
9. Erinnerungen von Irma Jakowlewna Smirnowa (German?Hermann?)
10. Erinnerungen von Anna Solomonowna Schudrjakowa (Scherf)
11. Umsiedler-Fragebogen // Geschichtsunterricht in der Schule, 1998, N° 5, S. 65

Anlagen

1. Umsiedler-Fragebogen

1. Nachname, Name, Vatersname
2. Geburtsdatom und –ort
3. Nationalität, Glaubensbekenntnis
4. Wohnort vor der Umsiedlung
5. Schulbildung, Beruf
6. Arbeitsplatz
7. Materielle Lage der Familie (Haus, Hofwirtschaft, Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs)
8. Beschäftigungsverhältnisse der Familienmitglieder
9. Parteizugehörigkeit (unterstreichen): Mitglied der Allrussischen Kommunistischen Partei (WKP (B)), Mitglied des Allrussischen Lenininistischen Kommunistischen Jugendverbandes, parteilos
10. Teilnahme am politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben
11. Zeit der Umsiedlung, Gründe für die Umsiedlung
12. Art und Weise der Umsiedlung, Fahrtroute
13. Anzahl der umgesiedelten Familienmitglieder
14. Bedingungen, unter denen die Umsiedlung stattfand
15. Ankunftsdatum und –ort
16. Anschrift des ständigen Wohnsitzes
17. Art der Unterkunft (Haus, Zimmer, Baracke usw.)
18. Wie schnell bekamen Sie eine Arbeit und entsprach diese ihrer Berufsausbildung?
19. Arbeitsbedingungen
20. Gab es eine Möglichkeit, an einen anderen Arbeitsplatz zu wechseln?
21. Wo haben sie gearbeitet, welcher Beschäftigung sind ihre Angehörigen nachgegangen?
22. Woran bestand der Unterschied zwischen der Lage der Umsiedler im Vergleich zu den Ortsansässigen.
23. Wie verhielten sich die Ortsansässigen Ihnen gegenüber?
24. Materielle Lage der Familie nach der Umsiedlung
25. Hatten Sie die Möglichkeit aus freiem Entschluß an ihren vorherigen Wohnort zurückzukehren beziehungsweise sich einen anderen Wohnort zu suchen?
26. Waren Sie nach der Umsiedlung in ihrer Heimat? Gab es irgendwann den Wunsch dorthin zurückzukehren?
27. Gibt es in Ihrer Familie Teilnehmer am Großen Vaterländischen Krieg?
28. Adresse Ihres heutigen Wohnsitzes, seit wann, Umstände des Umzugs dorthin
29. Wie verlief Ihr weiteres Schicksal? Wo haben Sie gearbeitet?
30. Wann sind Sie in Rente gegangen?
31. Anzahl der Arbeitsjahre und Auszeichnungen
32. Wieviele Kinder haben Sie großgezogen?

2. Liste der deportierten Deutschen in unserem Dorf

Familie German (Hermann):
1. Jakob Jakowlewitsch
2. Amalie (Emilie) Bodganowna
3. Irma Jakowlewna, geb. 1940
4. Amalie (Emilie) Filippowna

Familie Sabelfeld:
1. Maria Jakowlewna
2. Irma Wladimirowna, geb. 1940
3. Wladimir Wladimirowitsch, geb. 1938

Familie Root:
1. Jelisaweta(Elisabeth)
2. Edmont
3. Willi

Familie Legin:
1. Iwan Iwanowitsch
2. Margarita Friedrichowna, geb. 1920
3. Lydia Friedrichowna, geb. 1935

Familie Scherf:
1. Christian Kondratewitsch, geb. 1925
2. Mathilde Ferdinandowna

Gaier, Jekaterina (Jatharina) Gottfriedowna, geb. 1911
Gelwich (Hellwig/Hellwich), Alexander Jakowlewitsch, geb. 1930
Gort, Maria Jakowlewna, geb. 1913
Gottfried, Peter Dawidowitsch
Jost, Sophia Filippowna
Kreizer (Kreuzer), Maria Sebastjanowna
Mitzich, Raphael Gottliebowitsch, geb. 1905
Michel, Jakob Genrichowitsch, 1927
Tuk (Tuck), Jurij
Schäfer, Alexander Bogdanowitsc, geb. 1919
Scherf, Anna Solomonowna, geb. 1930
Zimmer, Reinhold Jemljanowitsch


3. Familie Scherf, Geburtsurkunde des
Christian Kondratewitsch


4. J. (K.) Gaier, 1941


5. Geburtsurkunde der I. Sabelfeld


6. R. Mitzichs Arbeitsbuch

  
7. A.J. Gelwich (Hellwig/Hellwich) und A.S. Scherf

 
8. Familie Legin: Margarita, Iwan, Lydia


9. Die Eltern Legin und Rehabilitationsbescheinigung des Vaters


10. M. Legins Arbeitsbuch



11. Arbeitsbuch der Trudarmistin J. Gaier


12. J. Jaier mit ihren Töchtern


13. Anna Scherfs Eltern


14. Bescheinigung, ausgestellt auf den Namen Schudrjakowa (Scherf)
über ihre Arbeit in der Kolchose


15. Wladimir und Irma Sabelfeld


16. I.J. German (Hermann)


18. Belobigung der L. Legin


17. Ehrenurkunden der L. Wjatkina (Legin)

  
19. Ehrenurkunden der I.I. Ligin


20. Handgearbeiteter Teppich
Der A.S. Schudrjakowa


21. Ensemble „Kalinuschka“


Ehrenurkunden der Schudrjakowa


22. Ehrenurkunden des A.J. Gelwich (Hellwig/Hellwich)


23. R. Zimmer

  
Seine Ehrenurkunden

24. Urkunden „Für glänzende Arbeitsleistungen in den Jahren des
Großen Vaterländischen Krieges

25. Rehabilitationsbescheinigung


Zum Seitenanfang