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Ich, Russland, bin dein Sohn!

Städtische allgemeinbildende Lehreinrichtung
„Kosulsker allgemeinbildende Oberschule N° 1“

Autorin: Jana Lutschichina
Region Krasnojarsk, Kosulsker Bezirk
Militärbereich 54630, 1-85
„Kosulsker allgemeinbildende Oberschule N° 1“, 9. Klasse

Leitung:
Tatjana Semjonowa Konjukowa
Geschichtslehrerin

Kosulka, 2013.

Inhaltsverzeichnis

1. Einführung
2. Schweres Schicksal
2.1. Kriegsjahre
2.2. Stille Rehabilitation
2.3. „Nicht mit Lügen leben“
3. Schlussbemerkung
4. Literaturangaben
5. Anhang

Ich, Russland, bin dein Sohn.
Nicht der Beste, nicht der Erste,
Doch ich bin mit dir verwandt,
War stolz auf dich und bin es noch.
Iwan Pankraz

1. Einführung

In den Geschichtskunden machten wir uns mit den Namen von Menschen bekannt, deren Gedanken und Taten auf das Schicksal der Völker und Länder großen Einfluss ausübten. Manche erwecken Begeisterung in mir, andere haben mich gleichgültig gelassen, aber es gibt auch solche, deren Verhalten man weder verstehen noch verzeihen kann, deren Namen man in den Schulbüchern nicht findet. Ich bin der Meinung, dass das tägliche Leben einfacher Menschen mit all seinen Freuden, aber auch leidvollen Stunden – ein wichtiger Teil der Geschichte sind.

In meiner Arbeit möchte ich gern vom Schicksal meines Dorf-Nachbarn Wladimir Antonowitsch Gerlein erzählen, der Teilnehmer an den historischen Ereignissen des vergangenen Jahrhunderts war. Ich glaube, dass die Erinnerungen von Augenzeugen das wertvollste und genaueste Material darstellen, das ich und die anderen Schüler, die sich für Geschichte interessieren, in unsere Forschungsarbeiten einbringen können.

Ziel der Arbeit: durch das Studium von Literatur und mit Hilfe der Erinnerungen Wladimir Antonowitschs zu beweisen, dass das Schicksal jedes einzelnen Menschen das Schicksal des Landes widerspiegelt.

Zur Erreichung des Ziels wurden folgende Aufgaben gestellt:

1. Studium der Bedingungen des Lebens der Wolgadeutschen, die nach Sibirien umgesiedelt wurden.
2. Aufzuzeigen, wie sich die stalinistische Politik in den Nachkriegsjahren auf das Schicksal der Menschen auswirkte.
3. Am Beispiel des Lebens von Waldimir Antonowitsch zu beweisen, dass eine aufrechte Haltung mit Prinzipien unter jeder beliebigen Staatsmacht möglich ist.

Forschungsmethoden

Die wichtigste Methode im Rahmen meiner Forschungsarbeit waren Begegnungen und Gespräche mit meinem Helden. Außerdem beschäftigte ich mich mit Belletristik und wissenschaftlicher Literatur und verbrachte viel Zeit im Bezirksarchiv.

Ausgehend von dem oben Dargelegten wurden folgende Arbeitsetappen festgelegt:

1. Bekanntschaft und Begegnungen mit Wladimir Antonowitsch Gerlein.
2. Studium literarischen Materials
3. Arbeit mit Archiv-Material
4. Gestaltung und Fertigstellung der Forschungsarbeit

2. Schweres Schicksal

2.1. Kriegsjahre

Am Ufer des Flusses Jeruslan, einem Nebenfluss der Wolga, steht die kleine Stadt Krasnyj Kut. Vor dem Krieg war das eine Arbeitersiedlung, die zur Republik der Wolgadeutschen gehörte. Hier wurde auch 1935 Wladimir Antonowitsch geboren. In der Familie gab es fünf Kinder, doch damals galten solche Familien nicht als kinderreich. Wie die meisten ihrer Nachbarn waren auch sie nicht reich, aber stets bereit mit denen zu teilen, denen es schlechter ging als ihnen selbst.

Der Große Vaterländische Krieg brach aus. Das sowjetische Volk erhob sich vereint zum Schutz der Heimat. In einem Bericht des Sekretärs des Verteidigungskomitees der WKP (B) der Wolgadeutschen, S. Miljukow, vom 01.07.1941 „Über den Verlauf der Mobilisierung in der Deutschen Republik“, ist von einem hundertprozentigen, in organisierter Weise stattfindenden Erscheinen der Menschen am Sammelpunkt, über die qualitative Verbesserung und fristgerechte Lieferung materieller Ressourcen die Rede. „… Die angestammte Bevölkerung der Republik (Deutsche) äußert Unzufriedenheit darüber, dass man sie nicht zusammen mit allen anderen in die Rote Armee einberuft. …Vierzig Prozent derer, die sich freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet haben, sind Deutsche“.

Stalin uns sein Umfeld sahen jedoch den Feind nicht nur auf der anderen Seite der Frontlinie, sondern auch innerhalb des Landes. Unter einer großen Zahl von Verordnungen und Direktiven findet sich der Ukas vom 26. August 1941, der von vielen als gebührend aufgenommen wurde.

Nach glaubhaften, von den Militärbehörden erhaltenen Angaben, gibt es innerhalb der in den Wolgagebieten lebenden deutschen Bevölkerung tausende und abertausende Diversanten und Spione, die, auf ein entsprechendes Signal aus Deutschland hin, in den von Wolgadeutschen besiedelten Regionen Sprengstoffanschläge verüben sollen.

… die deutsche Bevölkerung an der Wolga in ihrer Mitte Feinde des sowjetischen Volkes und der Sowjetmacht versteckt hält.

Der Schriftsteller Ilja Ehrenburg erklärte der „Prawda“, dass, nachdem das russische Volk die Deutschen auf den besten Ackerböden hatte ansiedeln lassen, diese fallen ließ und die böse Schlange an der Brust erwärmte.

Wie war es möglich, vom Verrat eines ganzen Volkes, einschließlich der Kinder und alten Leute, zu sprechen? Ich bin der Ansicht, dass die Beschuldigungen gegen die Gesamtheit der in der UdSSR lebenden deutschen Bevölkerung wegen angeblicher Zusammenarbeit mit dem Feind in Wirklichkeit lediglich den Anlass zu einer gewaltsamen Abrechnung mit ihnen gab. Der wahre Grund lag in der beständigen „Schaffung eines Feindbildes“ durch das stalinistische Regime.

Daher wurde angeordnet, die Deutschen nach Sibirien und Kasachstan umzusiedeln. Allein im Verlauf eines einzigen Tages wurden 367.000 Wolga-Deutsche „evakuiert“. Der Ukas betraf auch diejenigen, die in anderen Gebieten des Landes lebten. Man entließ die Deutschen aus der Armee. Insgesamt betrug die Zahl der Sonderumsiedler zu Beginn der 1950er Jahre nicht weniger als 1,2 Millionen Menschen. Nach dem Krieg wurde in deutschen Archiven nicht ein einziges Dokument gefunden, das irgendwelche Kontakte des Dritten Reiches mit den Sowjet-Deutschen bezeugen kann.

Der Ukas vom 26. August 1941 erlaubte es den umzusiedelnden Personen persönliche Dinge, kleine landwirtschaftliche Geräte sowie Utensilien des Alltags und Lebensmittel mitzunehmen. Praktisch jedoch verließen die Menschen ihre Häuser ohne auch nur das Allernötigste mitgenommen zu haben. Wladimir Antonowitschs Familie teilte das Schicksal mit den anderen Wolga-Deutschen. 1941 war er gerade erst sechs Jahre alt. Er erinnerte sich nur lückenhaft an die Fahrt und konnte nur das berichten, was er von seiner Mutter erfahren hatte. Über einen Monat waren sie unterwegs. In den stickigen, engen Waggons mussten sie abwechselnd schlafen, sie litten Hunger. Viele Kinder erkrankten. In jeden der Waggons hatte man, alte Menschen und Kinder mitgerechnet, jeweils 50 Personen hineingepfercht. Äußerst unangenehm war es um das Verrichten der Notdurft bestellt: sowohl Frauen, als auch junge Leute und Kinder befanden sich hier zusammen. Unterwegs versuchten sie Kleidungsstücke gegen Lebensmittel einzutauschen, aber das gestaltete sich schwierig, denn viele von ihnen konnten nur Deutsch sprechen. Auch die stalinistische Propaganda spielte dabei eine Rolle: die Menschen sahen die Deutschen als „Volksfeinde“ und hatten es demzufolge nicht sonderlich eilig, ihnen behilflich zu sein.

Schließlich trafen sie in Chatanga ein. Doch das war nur der Anfang der Leidenszeit, die auf das Los der Familie Herlein entfallen sollte. Die Neuankömmlinge wurden einfach mit ihren Habseligkeiten am kahlen Ufer abgesetzt und dort im Stich gelassen. Erst einige Tage später wurden sie in aller Eile in dem Dorf Faktor untergebracht, das noch weiter nördlich von Chatanga gelegen ist. Wladimir Antonowitsch erinnert sich, wie schwierig das Leben in der ersten Zeit war. Am besten erinnert er sich an den ständigen, kräftezehrenden Hunger. Es gab Menschen, die sich feindlich gegenüber den Fremden verhielten und sie als „Faschisten“ beschimpften. Das Bewusstwerden dieser unverdienten Demütigung lag wie ein schwerer Stein auf Herz und Seele. Umso wertvoller empfanden sie jedes gute Wort, jede Unterstützung und Hilfe. Den Umsiedlern war es nur erlaubt, die schwersten körperlichen Arbeiten zu verrichten. Die Mehrheit der Erwachsenen wurde zum Arbeiten in die Fischfang-Kolchose geschickt. Auch die Kinder arbeiteten – sie knüpften Netze.


Chatanga, 1940er Jahre

Während des Krieges wurde Chatanga zum Verbannungsort für Deutsche, Letten, Litauer. All diese Menschen, die man unverdient so schwer gekränkt hatte, arbeiteten nicht aus Angst – es gab schon nichts mehr, vor dem sie sich hätten fürchten müssen, sie schufteten für den Sieg. Zusammen mit dem gesamten Sowjet-Volk teilten sie die Erschwernisse der Kriegszeit, leisteten ihren Beitrag zur Vernichtung des Feindes.

2.2. Stille Rehabilitation

Es kam das Siegesjahr 1945. Im Alter von zehn Jahren kam Wladimir Antonowitsch in die Schule. In der Familie wurde Deutsch gesprochen. Anfangs hatten die deutschen Kinder es schwer, weil sie sich kaum auf Russische verständlich machen konnten. Aber sie waren alle sehr bemüht. Innerhalb eines Jahres lernte Wladimir Antonowitsch den Unterrichtsstoff von drei Klassen und holte seine Altersgenossen ein. Seine Lieblingsfächer waren: Mathematik und Physik. Sieben Klassen schloss er mit der Note „sehr gut“ an. Das Lernen in der Schule musste er mit der Arbeit vereinbaren. Aus den 14-15jährigen Jungen wurden gesonderte Fischfang-Brigaden geschaffen. 1951 musste er die Schule gänzlich aufgeben. Die Mutter erkrankte schwer, die Familie musste ernährt werden. In demselben Jahr zog die Familie nach Schdanicha um. Wladimir Antonowitsch begann in der Fischfang-Kolchose zu arbeiten. 1952 schlug man dem gescheiten, aufgeweckten Jungen vor, eine weitere Ausbildung zum Buchhalter zu absolvieren. Von einem höheren Bildungsweg träumte er schon längst nicht mehr. Die gehobene Bildungsstätte befand sich außerhalb der Sondersiedler-Zone, doch das Verlassen der Zone war verboten. Und er hatte auch nicht die materiellen Möglichkeiten weiter zu lernen. Er teilte das Schicksal seiner Generation. Damals konnten viele fähige Jungen und Mädchen keine Ausbildung erhalten und ihre Talente nie verwirklichen.

Ãåðëåéí Âëàäèìèð Àíòîíîâè÷ ôîòî 1954 ãîäàAm 26. November 1948 verabschiedete das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR unter dem Siegel „Streng geheim“ den Ukas „Über die strafrechtliche Verantwortung wegen Fluchtversuch aus den Orten der ständigen Zwangsansiedlung von Personen, die während des Großen Vaterländischen Krieges in entlegene Gebiete der Sowjetunion ausgesiedelt wurden“. Im Ukas wurde unmittelbar festgelegt, dass Deutsche und andere umgesiedelte Völker „für immer dorthin ausgesiedelt wurden – ohne das Recht auf Rückkehr an ihre angestammten Wohnorte“. Die Nachricht über dieses Dekret war für die Sondersiedler ein schwerer Schlag. Die meisten von ihnen hatten di9e Hoffnung gehegt, dass das Regime der Sonderansiedlung nach Beendigung des Krieges abgeschafft oder zumindest gemildert würde. Nun gab es nichts mehr, auf das sie hoffen konnten. Während der gesamten 15-jährigen Existenz des Sondersiedlungssystems hatte man der deutschen Bevölkerung die Möglichkeit genommen, ihre nationale Identität zu wahren. Besonders negativ wirkte sich das auf die junge Generation aus. Gezwungen, sich den Gegebenheiten und Bedingungen ihrer Umwelt anzupassen, verloren sie nach und nach ihre nationalen Wurzeln.

1956, auf dem 20. Parteitag der KPdSU, wurden die Fehler zugegeben, die man in Bezug auf einige Völkerschaften zugelassen hatte. Ihnen wurde es nun erlaubt, an ihre historischen Aufenthaltsorte zurückzukehren – aber nicht den Deutschen. Die Russland-Deutschen sollten hinter dem Ural bleiben. Die Gesundheit der Mutter ließ es nicht zu, dass sich die Familie Gerlein weiterhin im Norden aufhielt.

2.3. „Nicht mit Lügen leben“

1958 zog die Familie in die Siedlung Kosylka um. Die Arbeit in der Buchhaltung erwies sich als langweilig. Und als Wladimir Antonowitsch zum ersten Mal einen Lastwagen zu Gesicht bekam, beschloss er sogleich Fahrer zu werden. Nachdem er seinen Führerschein gemacht hatte fand er Arbeit in der Waldwirtschaft. Er heiratete, Kinder wurden geboren. Die Leitung des Waldwirtschaftsbetriebs schätzte ihn als zuverlässigen, verantwortungsbewussten Arbeiter. Wladimir Antonowitsch ging mehrfach als Sieger des sozialistischen Wettbewerbs hervor, war einer der besten Fahrer im Bereich der Forstwirtschaft. Aufgabe der Fahrer war es, das Holz zum weiter unten gelegenen Vorratslager zu transportieren. Dort wurde es dann auf Waggons verladen und in verschiedene Landesteile sowie ins Ausland geschickt. Den größten Wert stellten die Nadelbäume dar, ganz besonders Lärchen. Der Walde wurde nicht geschont. Rings um das untere Holzlager entstanden riesige Halden, auf denen die Stämme bald anfingen zu faulen. Eine derartige Unwirtschaftlichkeit verärgerte viele Leute, aber sie äußerten sich dazu alle einstimmig. Wladimir Antonowitsch konnte nicht einfach schweigen, als er sah, wie Sibiriens größter Reichtum verschwendet wurde. Doch die Leitung des Holzbetriebs war ausschließlich an der Planerfüllung interessiert. Nach vielen Jahren makelloser Arbeit wechselte Wladimir Antonowitsch an einen Arbeitsplatz unmittelbar in der Waldwirtschaft. Nun war es seine Aufgabe, Waldflächen wieder her zu stellen. Er bekam weniger Lohn, aber die klare Erkenntnis, dass seine Arbeit nicht nur für ihn, sondern auch später für seine Nachfahren notwendig war, schien ihm viel wichtiger zu sein.

Wladimir Antonowitsch war und ist auch heute ein freundlicher, gesprächiger Mann. Allerdings war er bestrebt, nicht an formeller Öffentlichkeitsarbeit teilzunehmen. Ungeachtet der Tatsache, dass man ihn den Beitritt in die KPdSU vorschlug, stellte er keinen entsprechenden Antrag. Als Erklärung für seine Entscheidung gibt Wladimir Antonowitsch an, dass er nicht wissentlich bei etwas mitmachen könne, das im Gegensatz zu seinen Prinzipien stünde. Damals hatte man vom Menschen nichts weiter als seine Zustimmung zu allen Taten und Beschlüssen der Staatsmacht verlangt. Über sie zu diskutieren oder sie gar zu kritisieren war zu der Zeit ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Manch einer passte sich an und machte Karriere. Ich denke, dass es sich dabei um Leute handelte, welche die Standpunkte der Partei aufrichtig teilten. Wladimir Antonowitsch wählte einen anderen Weg – den Weg der „persönlichen Nicht-Teilnahme an den Lügen“.

Am 12. Februar 1974 veröffentlichte A.I. Solschenitzyn einen Aufruf an die Intelligenz, die jungen Menschen, alle Landsleute, indem er dazu aufforderte mit aller Macht gegen die Sowjetunion zu kämpfen. Als der Schriftsteller sich an seine Zuhörerschaft wandte, schlug er eine, seiner Meinung nach, am leichtesten zugängige Methode im Kampf gegen das Regime vor: „… Der wichtigste Schlüssel zu unserer Befreiung ist die persönliche Nicht-Beteiligung an diesem ganzen Lug und Trug! Möge die Lüge auch alles bedecken, alles einnehmen; aber stemmen wir uns dagegen, denn die Lüge soll nicht über mich bestimmen!“ Der große Schriftsteller verstand es, die Gedanken vieler tausender Landleute auszusprechen. Wladimir Antonowitsch las Solschenitzyn damals nicht, aber er verhielt sich immer ganz genauso.
Einfache, aufrichtige, ordentliche Menschen wie W.A. Gerlein waren es, welche die Veränderungen in unserem Lande erst möglich machten.

Inzwischen befindet Wladimir Antonowitsch sich in Rente. Er liest viel. Im Sommer arbeitet er mit Vergnügen in seinem Gemüsegarten. Aufmerksam verfolgt er alles, was in unserem Lande vor sich geht. Er macht sich Sorgen über die Probleme, die es in Russland gibt, und nimmt sie sich zu Herzen, als wären es seine eigenen.


Foto aus dem Jahr 1956

3. Schlussbemerkung

Während ich an dieser Forschungsarbeit saß, lernte ich eine ganze Menge. Aber das Wichtigste ist, dass ich begriffen habe, dass alles auf die Historie hinausläuft. Menschliches Leid, Verfall, Hunger, die Kriegs- und Nachkriegsjahre. Unsere Generatio0n hat die Möglichkeit, die Vergangenheit mit Hilfe der Erinnerungen noch lebender Zeitzeugen jener Jahre zu streifen.

Ich habe begriffen, dass die Kriegsfolgen weit in die Zeit hineinreichen; sie leben in der Erinnerung unserer Großeltern, unserer Nachbarn und Bekannten und gehen schließlich auf Kinder und Enkelkinder über.

Als ich mich mit W.A. Gerleins Schicksal bekannt machte, erfuhr ich nicht nur Fakten aus seiner Biographie, sondern konnte auch den Geist der damaligen Zeit fühlen. Das Schicksal der Wolga-Deutschen erschütterte mich sehr. Menschen, die Russland für ihre Heimat hielten, standen plötzlich als Volksfeinde da. Obwohl sie zahlreiche Schwierigkeiten und Herausforderungen durchmachen mussten, blieben sie doch feinfühlige Menschen, die das Leben liebten, wurden Stützen für ihre Kinder und Enkel. Jeder einzelne von ihnen hinterließ seine Spuren in der Geschichte, auch wenn man diese Spuren vielleicht nicht sofort erkennt. Aus den Schicksalen solcher Menschen fügt sich das Schicksal unseres Landes zusammen.

Literaturangaben:

1. Die Region Krasnojarsk in der Geschichte des Vaterlandes. Krasnojarsk, 2000
2. J. Stezowskij. Die Geschichte der sowjetischen Repressionen, Bd. 1. Öffentliche Stiftung „Glasnost“, 2000
3. W.W. Tschenzow. Tragische Schicksale, Moskau, “Gotika”-Verlag, 2000
4. Ukas des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR „Über die Umsiedlung der in den Wolga-Gebieten lebenden Deutschen“. Die Deportation der Völker der UdSSR (1930er und 1940er Jahre). Teil 2, Verf. O.L. Milowa, Moskau, 1995
5. Ukas des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR „Über die strafrechtliche Verantwortung wegen Fluchtversuchs aus den Orten ständiger Zwangsansiedlung von Personen, die während des Vaterländischen Krieges in entlegene Gebiete der Sowjetunion ausgesiedelt wurden“ // Die Geschichte der Russland-Deutschen in Dokumenten (1763-1992)

Anhang:

1. Portrait des Wladimir Antonowitsch Gerlein
2. Ehrenurkunden
3. Bei der Holzindustrie
4. In der Waldwirtschaft
5. Foto mit einem Freund

Anhang N° 1. Portrait des Wladimir Antonowitsch Gerlein

Anhang N° 2. Ehrenurkunden

Anhang N° 3. Bei der Holzindustrie

Anhang N° 4. In der Waldwirtschaft

Anhang N° 5. Foto mit einem Freund


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