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Briefe an die Krasnojarkser "Memorial"-Organisation"

1990-370

Sehr geehrter Wladimir S.!

Ihren Brief habe ich rechtzeitig erhalten, aber die Umstände haben es mir nicht erlaubt, sofort zu antworten. Ich hatte Ihren Kollegen aus Krasnojarsk zu Besuch, aber er hatte es eilig und wir hatten keine Gelegenheit zu sprechen. Sie schreiben sehr richtig, dass es sich bei der Koschewnikowa-Bucht um das ehemalige «Nordwik-Projekt» handelt. Dieser Trust wurde bald darauf zur G.R. Expedition umorganisiert, die der Verwaltung für Bergbau und Geologie des Haupt-Nordmeerseewegs unterstellt war. Offenbar wurde der Leiter der Expedition, B.W. Lawrow, 1940 nach Moskau bestellt, verhaftet und erschossen. In Koschewnikowo gab es auch eine Polarstation (die von mir geleitet wurde), die der UPS (Verwaltung der Polarstation – Wissenschaftler J. Ò. Krenkel) unterstand. Und der Chef de «Nordmeer-Seewegs-Verwaltung» war O.J. Schmidt, später I.D. Papanin. Offensichtlich habe ich die Sache mit Koschewnikowo nicht genau genug dargelegt. Doch weder zu meiner Zeit noch später existierte dort ein Konzentrationslager. Aus Archangelsk brachten sie sog. «Kulaken» dorthin (Kommandant Bussygin), aber sie kamen auf «allgemeiner Grundlage». Es waren 7 Männer, alle Arbeiter.

Und nun ein wenig über mich: Nachdem ich mein Studium in Saratow abgeschlossen hatte, wurde ich 1931 per Verteilungsschlüssel nach Swerdlowsk geschickt. Danach arbeitete ich in der Fabrik N. in Komsomolsk/Amur, in Moskau (Hauptverwaltung des Nordmeer-Seewegs). 1937 wurde ich auf Empfehlung Krenkels nach Koschewnikowo geschickt (ich bin Fernmeldetechniker), wo ich am 19. Dezember 1941 aufgrund einer erlogenen Denunziation verhaftet Wurde (wir waren insgesamt vier). Ein extra eingetroffenes Transportflugzeug brachte uns nach Krasnojarsk. Wir wurden im inneren Gefängnis der NKWD-Behörde untergebracht (im Hof des KGB steht das zweigeschossige Gebäude auch heute noch).

Da ich 1931 nicht in der ASSR der Wolgadeutschen lebte – konnte ich infolgedessen nicht deportiert werden. Ich konnte auch nicht an der Front dienen (aus dem Lager wurde ich am 4.11.1950 entlassen). Aus Saratow wurden meine beiden Schwestern, die Großmutter und zwei Tanten ausgesiedelt. Was das Krasnojarsker Gefängnis und das „KrasLag“ betrifft, so kann ich Ihnen, falls sie das weiterhin interessiert, einige Erinnerungen mitteilen. Aber was meinen Sie, wenn Sie schreiben: «Haben Sie irgendeine Vorstellung über den Reschotinsker Teil des «KrasLags»?

In Kansk kenne ich einige repressierte Personen, befand mich mit ihnen aber nicht in Isolationshaft. Sicherlich gibt es in Kansk deportierte Deutsche, aber ich kenne keinen von ihnen. Ich war schließlich nicht in der Arbeitsarmee, und die Bekanntschaften kommen genau von dort. Mit Kapustin bin ich nicht bekannt, er hat nicht bei mit vorbeigeschaut. Schreiben Sie bitte, wie ich Sie ansprechen darf, wie alt Sie sind (ich denke 35-40 Jahre).

Und auch von sich: Wer sind Sie, wo arbeiten Sie?

Hochachtungsvoll, Wladimir Karlowitsch

Kansk
02.03.1990


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